Faszien-TrainingDer neue Fitness-Trend im Test

SELBSTVERSUCH Faszien-Training geht dahin, wo es weh tut. An Verhärtungen des Bindegewebes, die unsere Muskeln verspannen und uns unbweglich machen. Wie sich das anfühlt? Unsere Redakteurin hat sich für Sie über die Blackroll legen lassen.

Faszien-Training im Test: Hype oder himmlisch?

Fussballprofis, Hollywood-Stars oder alle in meinem Freundeskreises: Irgendwie sind derzeit alle völlig von der Rolle. Sie setzen sich regelmässig auf kleine, schwarze Hartschaumrollen und rutschen mit ihrem Hintern darauf hin und her und folgen damit einem Fitnesstrend, der sich einer Sache annimmt, die vor allem bei uns Frauen unangenehm ins Auge fällt: Faszien-Training ist die neue Hoffnung für ein starkes Bindegewebe, mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen und Verletzungen.

Und weil ich nur ungern einen neuen Fitness-Hype versäume, hat mich der Sport- und Wellnessclub Aspria in Hannover hat eingeladen, meine Faszien zu trainieren und mir so selbst einen Eindruck zu machen.

Blackroll & Co: Die Ausrüstung für das Faszien Training

Im Aspria werde ich von der Faszien-Trainerin Mareike begrüsst und mit dem nötigen Faszien-Equipment ausgestattet: der sogenannten Blackroll und einem kleinen Ball. Der Faszien-Ball ist etwas grösser als ein Tennisball und aus schwarzem Hartschaumstoff. Mein Interesse gilt aber vor allem der Rolle: «Die Blackroll zählt zu den besten Rollen in der Faszien-Szene», erklärt Mareike. Günstige Kopien der Blackroll sind oft instabil oder zu wenig atmungsaktiv. Mit Anschaffungskosten von circa 30 Euro liegt die Blackroll preislich auch in einem moderaten Rahmen.

Faszien-Training: Übungen mit der Blackroll

Meine Ausrüstung: Blackroll und Hartschaumstoff-Ball.

Wer Faszien Fitness aber zunächst ohne Anschaffungs-Invest daheim ausprobieren will, der könne sich auch einfach ein Nudelholz oder einen Tennisball schnappen. «Auf Dauer eignen sich Profi-Rollen natürlich besser. Für die erste Neugier klappt es aber auch damit», sagt Mareike.

Die Blackroll ist circa 30 cm breit und es gibt sie in drei verschiedenen Härtegraden. Mareike verpasst mir die Normal-Version der Blackroll. Die silberne Profi-Rolle sei nur etwas für sehr trainierte Typen. Warum die Trainerin mir als fitte Freizeitsportlerin nicht die silberne Profi-Härte zutraut, sehe ich in diesem Moment noch nicht so ganz ein, folge aber auf ihren Profi-Rat.

Faszien-Training löst Knoten und entspannt

Was mich beim Faszien-Training erwartet, weiss ich allerdings noch nicht so genau. Denn Faszien sind quasi überall. «Man kann sich die Faszien vorstellen wie eine Schwammstruktur, die den Organismus durchzieht», erklärt Mareike. «Durchspült man diesen Schwamm mit Wasser, drückt ihn aus und wäscht ihn erneut, ist er sauber, weich und flexibel.»

Faszien sind netzartige Kollagenstrukturen des Bindegewebes, die den gesamten Körper wie ein inneres Skelett zusammenhalten, dabei aber nicht starr wie unsere Knochen, sondern beweglich und flexibel sind. Dabei umhüllen unsere Organe, die Atemwege, die Haut und eben auch die Muskulatur, Bänder und Sehnen.

«Vor allem durch einseitige Bewegungen, Überlastungen oder Fehlhaltungen führen dazu, dass dieses Schwämmchen ausdrücken nicht mehr richtig funktioniert», sagt Mareike. Dann entstehen Verklebungen im Fasziengewebe.«Es sind diese kleine Verhärtungen, die Stoffwechselprozesse behindern, die Bewegung einschränken und sich unangenehm anfühlen», sagt Mareike.

Von einer Massage kennen wohl die Meisten diese schmerzenden Knotenpunkte. Der Masseur bearbeitet sie gezielt, was erst kurz weh tut, dann aber Erleichterung und Lockerung bringt. Die Expertin ergänzt: «Nichts anderes machen wir beim Faszientraining mit Hilfe der Rolle und der Schwerkraft. Mit der Rolle drücken wir unsere Faszienstrukturen aus, lösen kleine Knötchen und machen uns wieder ganz glatt, geschmeidig und damit schmerzfrei und beweglich.»

Faszien-Fitness: Von angenehm bis «Autsch»!

Faszientraining mit Blackroll im Test: Lesen Sie hier meinen Erfahrungsbericht.

Das rollt sich doch schon ganz gut! Redakteurin Linda Freutel auf der Faszien-Rolle.

Tönt wunderbar. Legen wir also jetzt wirklich los. Als erstes arbeiten wir mit dem Ball. Im Stehen lege ich einen Fuss darauf und kreise umher. Das kitzelt ein wenig. Mareike rät, mehr Körpergewicht auf den Fuss zu verlagern und so den Druck zu intensivieren. So kommen wir der Sache schon näher: schon nach kurzer Zeit fühlt sich mein Fuss tatsächlich an, wie frisch massiert. Nach dieser Annehmlichkeit geht es an die Beinrückseite. Ich liege auf dem Rücken mit der Rolle unter meinen Schenkeln. Und jetzt rolle ich darauf hin und her. Je nachdem wie viel Gewicht ich auf die Blackroll gebe, desto intensiver wird das Training. Mein Eindruck: auch sehr angenehm.

Die Rolle massiert sanft meine Beine. Doch als ich gerade noch überlege, ob ich nicht doch lieber die extra harte Silber-Rolle hätte nehmen sollen, wird die Sache ernster. Es geht an den Po und den unteren Rücken. Wieder zeigt Mareike, wie wir auf der Rolle hin und her rutschen sollen, um die jeweiligen Faszien im Gesäss und Lendenbereich auszurollen. Meine ersten zwei Versuche scheitern aus Gleichgewichtsgründen. Gar nicht so einfach auf einer 30cm-Rolle stabil zu bleiben! Gleichgewichtsschulung sei auch das Teil des Trainings, erklärt Mareike.

Dann klappt es endlich. Und genau jetzt ist auch Schluss mit Streichelzoo. Die Blackroll wälzt beinhart über einen Schmerzpunkt zwischen Steissbein und meiner linken Pobacke, was fieser drückt als bei jeder gnadenlosesten Thai-Massage. «Autsch! Was war das denn?» «Eine verklebte Faszie», goutiert Mareike grinsend. Da sind sie also, die Biester, die es mit dem Sport-Nudelholz plattzurollen gilt. Den Schmerz soll ich halten. «Faszien brauchen Druck“, spornt mich Mareike an.

Schweiss oder Entspannung? Faszien-Training kann beides

«Da wo es schmerzt, wollen wir hin.» Dort sind die Punkte, die es zu massieren gilt. Und tatschlich. Nach einigen Sekunden, freue ich mich, dass der Schmerz nachlässt – und ich doch nicht nach der Silberrolle verlangt habe. Vor allem, weil mir nun zum Nacken kommen. Auch hier kneten wir meinen Computer-Nacken weich wie Butterkeks-Teig.

Punktuelle Feinarbeit leistet dabei der Hartschaum-Ball. Mit ihm massiert es sich wesentlich detaillierter als mit der groben Rolle. Ob man im Stehen mit dem Ball zwischen Wand und Nacken oder im Liegen mit dem Ball zwischen Boden und Nacken arbeitet ist übrigens Geschmackssache: In beiden Fällen entscheidet man mit dem eigenen Körpergewicht darüber, wie intensiv man kneten will.

Der Schmerzfaktor richtete sich ebenfalls nach Belastung, aber vor allem auch nach dem Grad der Verklebungen. Echte Härtefälle sind bei mir der Nacken und der untere Rücken. «Typisch für eine Büro-Haltung», sagt Mareike. Der Rest der Ganzkörperknet-Kur gestaltet sich wieder angenehm. Die Arme und Hände, sogar den Hals und das Gesicht kneten wir durch. Teilweise ist das so schön, dass ich die Augen schliessen möchte. «Das darfst Du ruhig», sagt die Trainerin. Schliesslich sei ich zur Entspannung hier. Unser Ziel war es zwar, die Rolle zu einer Art Selbstmassage zu nutzen, doch die Blackroll kann noch mehr. Von Selbstmassage über aktive Regeneration bis hin zu Erholung, Kraft- und Koordinationstraining ist alles machbar. Mit etwas mehr Körpereinsatz lässt sich mit Faszien-Training die Elastizität und das Leistungsvermögen der Muskulatur verbessern.

Wir könnten die Rolle also durchaus auch für ein schweisstreibendes Training nutzen. Wollen wir aber nicht. Ist es doch gerade so schön, dass der Nacken entspannt kribbelt, die Schultern locker hängen und die Blackroll nun auch die letzte Verklebung aus meiner Halswirbelsäule wälzt. Ja, jetzt bin ich es auch: völlig von der Rolle und Faszien-Fitness-Fan!

Titelbild: blackroll.ch

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