Glücklich ohne TrauscheinWarum ein Konkubinatsvertrag trotzdem oft sinnvoll ist

Liebe lässt sich nicht regeln. Auch nicht mit Verträgen. Eine Trennung hingegen schon. Denn viele Frauen die jahrelang mit Kindern im Konkubinat lebten, stehen nach einer gescheiterten Beziehung oder einem Todesfall vor dem Nichts. Deshalb hilft ein Konkubinatsvertrag immer dann, wenn sich Partner auch ohne Trauschein  vertragen und absichern wollen.

Konkubinatspaare: Ohne Trauschein glücklich?

Von Luft und Liebe allein kann man nicht leben. Diesen Satz hat meine Grosi schon immer gesagt. Er ist abslout romantisch, aber vernünftig. Aber erst viel später habe ich den Sinn richtig verstanden.

Heute kann ich jedenfalls längst nicht mehr so tun, als wüsste ich nicht, um das bekannte Risiko, das auch und immer noch auf den Schultern moderner Frauen lastet. Nein, wir wollen keine Vernunftsehen mehr führen. Wir wollen uns auch nicht einen knautschigen Geldsack angeln, nur um im Alter versorgt zu sein. Wir wollen frei entscheiden können, Kinder bekommen, eine Familie gründen, wohlmöglich trotzdem im Job bleiben und natürlich die ganz grosse Liebe finden. Von uns gern ohne Trauschein. Liebe braucht schliesslich keine Verträge, denken wir.

Was wir dabei vergessen, eine Trennung einer langen Partnerschaft bräuchte sie hingegen oft schon. Ebenso wie unerwartete Schicksalsschläge (z.B. Unfall oder Tod des Partners), die ohne eine rechtsverbindliche Regelung, im Chaos enden können. Denn was man unterschätzt, ohne Trauschein braucht es sogar noch mehr Vorausplanung, weil das Konkubinat in der Schweiz gesetzlich nicht geregelt ist. Eine eingetragene Partnerschaft ist nur gleichgeschlechtlichen Paaren möglich. Heteros, unverheiratete Paare müssen sich bewusst machen, dass egal wie lange sie zusammen sind, ob sie Kinder oder gemeinsamen Besitz haben: vor dem Gesetz werden sie wie zwei Einzelpersonen behandelt. Deshalb muss die Frage erlaubt sein: Was, wenn wir nicht ewig zusammen bleiben?

Ohne Konkubinatsvertrag sind vor allem Frauen im Nachteil

Es sind nämlich genau jene Momente, in denen moderne Frauen ihren Mann stehen müssen. Und in denen sie nicht auch noch übermässig benachteiligt werden wollen. Denn – auch da müssen wir uns nichts vormachen – genau in diesen Momenten zeigt sich die unschöne Fratze der Emanzipation. Frauen haben Freiheit gewonnen, aber Sicherheit verloren. Im Konkubinat können wir auch ohne Trauschein glücklich zusammen leben. Ohne einen Konkubinatsvertrag, verzichten wir gleichsam mit einer Heirat damit automatisch auch auf verbindliche Regelungen zu Trennungsunterhalt, Rente und Steuern.

Vor allem Frauen gehen im Konkubinat  gehen ein grosses Risiko ein, wenn sie Kinder bekommen und die Erwerbsarbeit reduzieren oder aufgeben, während der Partnerweiter voll arbeitet. Für diesen Einsatz werden sie nach einer Trennung vom Gesetzgeber nicht belohnt. AHV-Ausfälle, Vorsorgelücken, Lücken im Lebenslauf, all das geht allein auf ihr Konto, obwohl sie es ihre Partner gleichzeitig ermöglicht hat, kontinuierlich weitzuarbeiten und in die Vorsorge einzuzahlen.

Unterhalt vom Partner steht einer Konkubinatsfrau nach einer Trennung rechtlich auch dann nicht zu, wenn sie sich Vollzeit um die gemeinsamen Kinder kümmert. Was das für die Praxis bedeutet? Im schlimmsten Fall kann das für eine Frau bedeuten, dass sie in der Mitte ihres Lebens ohne Ehemann, ohne Wohnung, ohne eine wirtschaftliche Grundlage, ohne Jobperspektive, ohne ausreichende Altersvorsorge und dafür mit zwei traurigen Kindern und einem gebrochenen Herzen da steht. Während ihr Ex-Mann mit der Sekretärin auf die Malediven reist und es sich so richtig gut gehen lässt. Natürlich klingt das nach einem Klischee. Aber wissen wir doch alle, was gemeint ist. Oma jedenfalls wusste es: Von Luft und Liebe werden wir nicht satt. Und auch nicht alt. Denn das Risiko gilt selbstverständlich für beide Geschlechter. Vom Konkubinat benachteiligt ist grundsätzlich der wirtschaftlich schwächere Partner.

Ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen oder die Romantik zum selbigen zu schicken, sollten Paare, die dauerhaft zusammenbleiben wollen, Kinder haben und gemeinsam Güter anschaffen deshalb über einen Konkubinatsvertrag nachdenken. Warum? Weil ein Konkubinatsvertrag nicht nur Sicherheit, sondern vor allem auch Klarheit schafft. Er räumt falsche Erwartungen im Vorfeld aus. Und vermeidet im besten Fall Streit und Enttäuschungen, wenn es  doch zu einer Trennung kommt. Aber nicht nur bei einer Trennung, sondern eben auch bei tragischen Schicksalsfällen, kann ein Konkubinatsvertrag der rettende Anker sein. Sind Kinder im Spiel, ist ein Konkubinatsvertrag für viel Experten sogar fast zwingend.

Lesetipp: Die Konkubinatsfalle

Im Interview mit Femelle.ch erklärt die Juristin Andrea Gisler von der Frauenzentrale Zürich, welchen Unsicherheiten unverheiratete Paare entgegen gehen, warum Konkubinatsfrauen oft benachteiligt werdeb und wie ein Konkubinatsvertrag hilft. » zum Interview

Wann ist ein Konkubinatsvertrag sinnvoll?

Nicht jedes Paar braucht sich natürlich gleich vertraglich zu einigen. Ausschlaggebend sind insbesondere fünf folgende Gegebenheiten, die für es unverheiratete Paare nachdenkenswert machen, einen Konkubinatsvertrag zu schliessen.

1 Sie haben gemeinsames Eigentum

Sobald ein unverheiratetes Paar gemeinsam Eigentum erwirbt, raten Experten bereits über einen Konkubinatsvertrag nachzudenken. Kommt es beispielsweise zum gemeinsamen Kauf einer Wohnung, eines Autos oder ähnlich werthaltigen Anschaffungen, macht es Sinn im Vorfeld verbindlich zu regeln, was im Trennungsfall mit dem Eigentum geschieht. Zwar gibt es auch gesetzliche Regelungen, die im Fall von Gemeinschaftseigentum greifen; jedoch regeln diese die Angelegenheit nicht immer nach den Vorstellungen der Beteiligten. Ehemals liebende Paare wollen beispielsweis nach der Trennung strikt getrennte Wege gehen und auch künftig nicht zur Regelung oder Betreuung des gemeinsam angeschafften Eigentums aufeinander treffen müssen. Um auch emotional einen „befreienden“ Weg zu finden, kann daher in einem Konkubinatsvertrag geregelt werden, was im Fall der Fälle mit dem Gemeinschaftseigentum geschehen soll.

2 Sie wollen, das ihre und die Altervorsorge ihre Partners geregelt ist

Kommt es in einer unehelichen Gemeinschaft zur Trennung, haben die beiden Parteien gegenseitig keinen Anspruch auf Ausgleich der Guthaben bei der Pensionskasse und AHV. Ebenso für den Fall, dass das Paar bis zum Lebensende zusammen bleibt, sieht das Rentensystem keine Versorgung des nicht-ehelichen Partners vor. Auch Witwen/Witwerrente gibt es ausschliesslich im Fall einer Ehe. Gerade in dieser Angelegenheit kann ein Konkubinatsvertrag nachteilige und unerwünschte Folgen abwenden. Da die Rechtslage hier je nach Lebenslage und Pensionskasse variieren kann, ist diesbezüglich jedoch nicht nur mit der Pensionskasse selbst, sondern idealerweise auch mit einem Juristen Rücksprache zu halten. Insbesondere wichtig ist, dass wenn ein Partner beruflich wegen der Kinder zurücksteckt, er die Erziehungsjahre auf die AHV anrechnen lässt. Liegt dazu keine schriftliche Vereinbarung, werden diese gleichmässig auf beide Partner aufgeteilt.

3 Sie haben gemeinsame Kinder

Kinder geniessen durch das Gesetz grundsätzlich einen umfassenden Schutz. So ist beispielsweise ihr Unterhalt auch unabhängig von einem Trauschein oder einem Konkubinatsvertrag geregelt und gesichert. Jedoch steht der Mutter im Falle der Trennung ohne Trauschein kein Unterhalt durch den Ex-Partner zu. Auch wenn sie beruflich zurück gesteckt hat, um sich um die Kinder zu kümmern, muss der Partner nichts zahlen. Eben solche Ungerechtigkeiten können durch einen Konkubinatsvertrag geregelt werden. Aber auch für Väter gelten ohne Trauschein einige Besonderheiten: Nicht nur dass der Nachname des Kindes automatisch der der Mutter ist, sondern auch, dass die Vaterschaft und elterliche Sorgerecht nicht automatisch übertragen wird, sondern ausdrücklich behördlich anerkannt werden muss.

4 Sie wollen sich bei schweren Krankheitsfällen beistehen können

Kommt es zu einem schweren Schicksalsschlag, bei dem ein Partner ins Krankenhaus muss und dabei vielleicht nicht ansprechbar ist, steht dem unehelichen Partner ohne Konkubinatsvertrag kein Besuchsrecht zu. Zwar wollen die gesetzlichen Regelungen hier künftig Lockerungen schaffen – und wird es in der Praxis auch in der Regel nicht so streng gehandhabt – im juristischen Ernstfall bleibt der Partner ohne Konkubinatsvertrag jedoch vor verschlossenen Türen stehen. Entsprechend kann er auch keine Mitbestimmungen treffen, wenn es um den weiteren Verbleib des Patienten geht.

5 Sie wollen das der Partner im Todesfall beim Erbe berücksichtigt wird

Ein Partner ohne Trauschein existiert im Erbrecht quasi nicht. Ihm steht kein Pflichtteil zu – ganz egal, wie lange oder wie intensiv er mit dem Verstorbenen zusammen gelebt hat. Leibliche Kinder trifft dieses Schicksal nicht, ihnen obliegt immer ein Pflichtteil. Als unehelicher Gatte steht man jedoch im Zweifelsfall ohne etwas da. Ein Testament, aber auch eine Regelung im Konkubinatsvertrag, kann dieses Schicksal umgehen. Doch sollte man sich in diesem Fall trotzdem darüber im Klaren sein, dass für den unehelichen Verbliebenen höhere Erbschaftssteuern anfallen können, als für einen Ehegatten. Eine Beratung für einen Juristen für Familie- und Erbrecht kann hier also durchaus hilfreich sein.

Wie ein Konkubinatsvertrag geschlossen wird

Der Konkubinatsvertrag ist gesetzlich nicht geregelt. Das heisst eine schriftliche Vereinbarung, die beide Lebenspartner einvernehmlich unterzeichnen, genügt. Ein Notar muss nur dann zwingend hinzugezogen werden, wenn auch Erbschaftsfragen geregelt werden sollen. Im Internet finden sich verschiedene Vorlagen für Schweizer Konkubinatsverträge. In der Regel behandeln sie dabei folgende Inhalte:

  • Invetarliste: Wem gehört was?
  • Wie werden die Haushaltskosten aufgeteilt?
  • Gemeinsame Kinder: Wer erhält das Sorgerecht und wer zahlt und wie hoch sind die Unterhaltsbeiträge? (In der Regel sollte ein Unterhaltsvertrag, damit er anerkannt wird, vom Vormundschaftsgericht beglaubigt werden)
  • Eventuell Höhe des monatlichen Trennungsunterhalts, welche der finanzkräftigere Partner nach einer Trennung dem wirtschaftlich schwächeren Partner zahlt
  • Wer hat das Kündigungsrecht, zieht aus und wer bleibt nach einer Trennung in der gemeinsamen Wohnung?
  • Wie wird das gemeinsam erwirtschaftetet Vermögen  aufgeteilt und wie werden Einbussen bei der AHV- und Pensionskasse abgegolten?
  • Vorsorge bei Krankheit, Unfall, Invalidität und Tod. (z.B. Abschliessen  einer Todesfall-Risiko-Versicherung, in der die Partnerin bzw. der Partner begünstigt wird)
  • Patientenverfügung
  • Immobilienkauf
  • Entschädigung im Fall einer Mitarbeit im Betrieb des Partners
  • Rückzahlungsmodalitäten im Falle von Darlehen an den Partner
  • Auskunftsvollmacht evtl. generelle Vollmachten gegenüber und für Banken, Versicherungen, Behörden und Vermietern zu empfehlen

Was ein Konkubinatsvertrag dagegen nicht regeln kann

Paare, die ohne Trauschein leben, können nicht den Namen des Partners annehmen. Daran ändert auch ein Konkubinatsvertrag nichts. Entstehen Kinder aus der unehelichen Gemeinschaft tragen diese zunächst per Gesetz den Namen der Mutter. Jedoch kann hier eine andere Regelung durch einen behördlichen Antrag – und zwar auch ohne Konkubinatsvertrag – getroffen werden.Auch an der Nationalität eines Partners, der aus dem Ausland in die Schweiz gezogen ist, ändert ein Konkubinatsvertrag nichts.

Titelbild: iStock

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